DE

Lothar Kreyssig

Lothar Kreyssig_biblio

Für die wenigen Gerechten unter den deutschen Juristen, die mutig versuchten, gegen nationalsozialistisches Unrecht vorzugehen, steht der Vormundschaftsrichter am Amtsgericht Brandenburg Lothar Kreyssig.

Er bewies Zeit seines Lebens als Jurist und evangelischer Christ Mut und ein unerschütterliches Rechtsempfinden.

Durch den Tod seines Vaters 1928 gelangte Lothar Kreyssig zur Bibel und zum Glauben. Durch konsequente Befolgung von christlichen Werten geriet er zunehmend in Konflikt mit dem neuen Zeitgeist.

Nach verschiedenen juristischen Stationen ließ er sich 1937 an das Amtgericht Brandenburg an der Havel versetzen und trat dort seinen Dienst als Vormundschaftsrichter an. In dieser Eigenschaft erfuhr er 1940 von Vorgängen, die bei ihm den Verdacht aufkommen ließen, dass Geisteskranke in einer süddeutschen Anstalt systematisch getötet würden.

Empört schreibt er an den Reichsjustizminister: “... habe ich mehrere Aktenstücke vorgelegt bekommen, in welchen Vormünder und Pfleger von Geisteskranken berichten, dass sie von einer Anstalt in Hartheim/Oberdonau die Nachricht erhalten hätten, ihr Pflegling sei dort verstorben.”

Der Vernichtung "lebensunwerten Lebens" trat er entgegen und ließ sich auch durch ein handschriftliches Schreiben Hitlers nicht beugen, denn, wie er gegenüber Minister Gürtner erklärte, “schaffe ein Führerbefehl kein Recht.”

Ein gegen ihn laufendes Dienststrafverfahren wurde eingestellt, er aber in den Ruhestand versetzt. Nach dem Krieg folgte er dem Ruf der evangelischen Kirche, für die er in wichtigen Funktionen arbeitet. Auf dem Kirchentag 1954 in Leipzig brachte Kreyssig erstmals seine Idee von der Versöhnung der Deutschen mit den ehemaligen Kriegsgegnern ins Gespräch.

Im April 1958 tagte in Berlin die Synode der evangelischen Kirche in Deutschland, wo Kreyssig den Aufruf “Wir bitten um Frieden” vortrug, der mit klaren Worten beginnt: “Wir Deutschen haben den 2. Weltkrieg begonnen und damit mehr als andere unmessbares Leiden der Menschheit verschuldet...”

Seit 1959 wirkt die Aktion Sühnezeichen Friedensdienst (ASF) in Belgien, Frankreich, Großbritannien, Israel, in den Niederlanden, Norwegen, Polen, Russland, Tschechien, Ukraine, USA und Weißrussland segensreich. Derzeit entsendet ASF rund 200 Frauen und Männer zwischen 18 und 27 Jahren in diese Länder.

Die Freiwilligen unterstützen und begleiten Überlebende der Schoah und ihre Nachkommen, arbeiten in Gedenkstätten mit, kümmern sich um ältere Menschen und sozial Benachteiligte.

"Prophet der Versöhnung" so der Buchtitel von Konrad Weiß über Lothar Kreyssig.